Neue dringende Meldungen aus der Präventionsdienststelle der Polizei Bonn!

Hallo liebe Leser*innen, wir haben uns bereits an dieser Stelle kennengelernt, als ich Sie vor Telefonbetrügereien sogenannter falscher Polizeibeamt*innen warnte und Ihnen die Bonner Warnkarten ans Herz legte. Heute komme ich Ihnen nochmals mit diesem Thema, aber in einer Variante. Ich höre Sie schon sagen: „Ich weiß doch schon alles über Telefonbetrug? Jetzt wird das Thema aber doch ein wenig zu oft aufgegriffen…?“

Wenn Sie so denken, kann ich das einerseits sehr gut nachvollziehen und andererseits möchte ich Ihnen sagen, Sie können davon gar nicht genug wissen. Am liebsten würde ich Ihnen eine Rubrik in dieser Zeitschrift oder allen Onlinelesern eine eigene Internetseite zum Thema vorschlagen, in bzw. auf der ich Ihnen regelmäßig über neue Tatvarianten berichte, damit sie nach Möglichkeit nicht auf diese reinfallen – wie wäre das?
Denn die Täter*innen baldowern immer neue Geschichten aus, mit denen sie Sie zu überlisten versuchen. Sie profitieren von der Arglosigkeit aller, insbesondere wenn vermeintlich Polizei, Staatsanwaltschaft, Ärzte, Notare oder Angehörige am andere Ende der Telefonleitung sind und wollen doch nur eins, erst Ihr Vertrauen und dann: Sie als Angerufene über den Tisch ziehen.
Sie konstruieren gut durchdachte und plausibel klingende Geschichten zum Beispiel im Zusammenhang mit der aktuellen Coronalage, notwendigen medizinischen Untersuchungen, bieten Ihnen (unzulängliche) Masken (Mund-Nasen-Schutz) an, versprechen Ihnen vorgezogene Impfungen, usw. usw. – alles natürlich gegen eine entsprechende finanzielle Aufwendung Ihrerseits.
In anderen Fällen versuchten die Täter im deutschsprachigen Raum als Polizei Fernzugriff auf die Computer der Angerufen zu erhalten, in dem sie die Installierungen einer Fernwartungssoftware (Remotesoftware) empfehlen, um über den PC und Onlinebanking-Software an die Benutzerdaten zu gelangen und sich im Nachhinein direkt selbst Geld anweisen zu können.

Die Palette der einfallsreichen Täter*innen scheint kein Ende zu kennen. Sie schlüpfen in unterschiedliche Rollen und passen sich der jeweiligen Situation und vor allem dem, was Sie als Angerufene im Telefonat sagen sofort an.

Die Täter*innen zielen mit allem, was sie sagen und tun nur auf eines ab: Ihr Vermögen – in welcher Form auch immer!

Ich schlage vor, da machen Sie und ich zusammen nicht länger mit!

Heutige Eilmeldung der Täter*innen: „Nach Verkehrsunfall in U-Haft – Kaution von 70.000 Euro erforderlich!“

Unlängst (02/2021) wurde im Bonner Raum eine 70jährige Dame Sieglinde H., von ihrer Tochter angerufen, wie sie dachte. Denn die Täterin meldete sich mit dem Vornamen der Tochter und hatte eine sehr ähnliche Stimme. Dadurch, dass sie bei dem Anruf weinte, war ihre Stimme natürlich etwas anders als sonst. Ist ja bei jedem so, dachte Frau H.
Die Anruferin gab vor, dringend finanzielle Hilfe zu benötigen. Nach einem von ihr verursachten Verkehrsunfall, bei dem Menschen, u.a. eine junge Mutter gestorben seien, befinde sie sich nun in Untersuchungshaft, aus der sie nur gegen Kaution entlassen werde. Sie erbitte die Handynummer der Mutter, um sie an die ermittelnde Polizeibeamtin weiterzugegeben, damit auch diese mit ihr sprechen könne…Wie gesagt, so geschehen…wenige Minuten später meldete sich prompt eine „Kommissarin Hildegard Dietrich“, die der älteren Dame offerierte, dass bei einer Kautionszahlung in Höhe von 70.000 Euro, die Möglichkeit bestehe, dass ihre Tochter aus der Untersuchungshaft entlassen werde. Die Staatsanwaltschaft habe einer solchen Option bereits zugestimmt. Auch stelle die Familie der Verstorbenen unter dieser Maßgabe keine Strafanzeige.
Wer will als Mutter oder Vater nicht alles tun, um sein Kind vor (vermeintlicher) U-Haft und (vermeintlicher) Strafverfolgung zu bewahren? Wer von Ihnen kennt die tatsächlichen Bedingungen einer Untersuchungshaft und das wirkliche Vorgehen von Polizei und Staatsanwaltschaft. Ich schätze nur wenige von Ihnen. Darum glauben Sie bitte nicht alles, was sich plausibel für Sie anhört.
Sieglinde H. glaubte und handelte sofort, konnte aber auf die Schnelle nur 10.000.- Euro bei Ihrer Bank abheben. Dem nachfragenden Bankmitarbeiter sagte sie noch, sie „dürfe über den wirklichen Abhebezweck nicht mit ihm sprechen“, mit einem „Enkeltrick“ habe die Abhebung nichts zu tun.
Die abgehobenen 10.000.- Euro sowie ihren Schmuck überbrachte sie an eine ihr von den Tätern benannte (zufällig ausgewählte) Privatadresse in Remagen, wo ein Abholer bereits auf sie wartete. Telefonisch teilte man ihr nach der Übergabe mit, dass diese Summe fürs Erste ausreichend sei, sie können ja an darauffolgenden Tagen den Restbetrag überbringen, sobald sie diese bei Ihrer Bank erhalten habe. Dazu werde man sich erneut mit ihr kurzschließen.
Hierzu kam es Gott sei Dank nicht mehr, da die Bank nochmals ihre Bedenken gegenüber Sieglinde H. äußerte und nachfolgend die Polizei informiert wurde.

Egal, was jemand, dem Sie glauben aufgrund seiner vorgegebenen beruflichen Eigenschaft oder Bekannten- oder Angehörigenstatus vertrauen zu können, Ihnen erzählt und wie dringend er oder sie es auch macht, die erste Devise muss immer für Sie lauten:

  • Ruhe bewahren – Überblick verschaffen! Und erst einmal nichts tun, so schwer es Ihnen auch fällt!
  • Rufen Sie die vermeintlich bekannte Person auf der Ihnen bekannten Nummer zurück – so können Sie sicher gehen, dass Sie nicht mit einer unbekannten Person telefonieren.
    Raten Sie nicht, wer am Telefon ist. Bereiten sie sich auf solche Anrufe vor, machen sie sich eine Liste von Namen, die auf keinen Fall in ihrem Bekannten- oder Verwandtenkreis vorkommen. Einen dieser Namen sollten sie dann auf eine typische Anfangsfrage der Telefonmasche „Rate mal, wer dran ist…“ erwidern. Springt der Betrüger
    auf den falschen Namen an, ist klar: Es kann sich nicht um einen wirklichen Bekannten/Verwandten handeln.
    Selbst, wenn Sie glauben, den Anrufer zu (er-) kennen, stellen Sie auch dann Kontrollfragen, die Fremde auf keinen Fall beantworten können (z.B. „Wo bin ich zur Schule gegangen?“, „Wie heißt meine beste Freundin?“). Zögert der Anrufer, sagen Sie, dass Sie zurückrufen. Legen Sie den Hörer auf und rufen Sie die vermeintlichen Bekannten/Verwandten unter der Ihnen bereits bekannten Nummer selbst an.
  • Wenn Sie sich durch den Anrufer unter Druck gesetzt fühlen, unterbrechen Sie das Gespräch. Das ist nicht unhöflich, sondern Sie handeln, um sich zu schützen.
  • Wenn sich der Anrufer als Polizist*in ausgibt und Sie auffordert, die Leitstelle der Polizei anzurufen, um seine Identität zu überprüfen; tun Sie das. Aber…! Wichtig ist: Unterbrechen Sie selber den Anruf, warten Sie einen Moment und wählen Sie selber die Telefonnummer ihrer örtlichen Polizeidienststelle oder die 110. So stellen Sie sicher, dass die Verbindung getrennt ist und Ihre Verbindung zur richtigen Polizei aufgebaut wird.
  • Übergeben oder überweisen Sie niemals Geld an eine fremde Person, auch wenn Ihnen diese noch so vertrauenswürdig erscheint.
  • Deponieren Sie niemals Geld oder Wertgegenstände an einem Ort, auch wenn Sie dazu angewiesen werden. Große Geldbeträge, Gold, ggf. sehr wertvoller Schmuck sind und bleiben auf der Bank am sichersten aufgehoben.
  • Nehmen Sie Warnungen von Bankangestellten ernst.
    Bankangestellte kennen die Merkmale des Telefonbetrugs. Sie haben in der Vergangenheit wiederholt solche Straftaten erkannt und verhindert. Nehmen Sie Warnungen von Bankangestellten ernst und lassen Sie deren Unterstützung zu.
  • Wenn eine fremde Person Sie am Telefon dazu auffordert, den Zugriff auf Ihren Computer durch die Installation einer Fernwartungssoftware zu ermöglichen; unterbrechen Sie den Anruf. Lassen Sie sich nicht auf Diskussionen ein. Gewähren Sie niemals fremden Personen Zugriff auf Ihren Computer.
    Auch nicht, wenn der Fremde vorgibt, von der Polizei zu sein. Auch ein(e) Polizist*in ist generell eine fremde Person!

Marita Wichterich, Kriminalhauptkommissarin in der Präventionsdienststelle der Polizei Bonn
E-Mail: Tel.: 0228-157617