Neue Informationen der Präventionsdienststelle der Polizei Bonn
Gefahren an der Haustür

Hallo liebe Leser*innen, wir haben uns bereits an dieser Stelle kennengelernt.

Heute möchte ich Sie zu einer neuen Themenreihe „Gefahren an der Haustür“ einladen, die sukzessive erweitert werden soll.

Teppiche/Pelze – unseriöse Schnäppchen?

Sie haben eine Anzeige in der Zeitung gelesen oder einen Werbezettel erhalten – z.B. als Briefkastenreklame, Beilage in Zeitungen oder Werbeflyer beim Einkaufen? Ihnen ist telefonisch angeboten worden, Ihren Teppich oder Pelz reinigen und ggf. ausbessern zu lassen?
Beworben wird zumeist ein verlockendes, aber zeitlich befristetes Angebot: Für einen kurzen Zeitraum gebe es eine große Wasch-Sonderaktion für Teppiche/ eine professionelle Reinigung für Pelze – sogar mit einem satten 25-40% Rabatt.
Ein Schnäppchen, denken Sie, der Teppich hat‘s mal nötig, der schöne Pelz – das gute Stück, an dem Sie hängen – den wollen Sie pflegen und gut erhalten.
Auffällig: Zahlbar sind die angebotenen Arbeiten in bar – ohne vorangegangenes schriftliches Angebot.

Achtung:
Hinter solchen, so harmlos erscheinenden Angeboten, können Betrüger stecken, die nur eines wollen: Ihr Geld!
Lukrativ sind solche Geschäfte nur für die Täter!

Nachfolgend zwei von vielen möglichen Szenarien dargestellt – denken Sie bitte immer daran, der Fantasie der Täter*innen sind keine Grenzen gesetzt.

Fall 1:
Drei Männer suchten einen 87-jährigen Rentner zu Hause auf, klingelten und zeigten ihm einen Werbezettel („Sommeraktion Teppichreinigung mit 25 % Rabatt“), den er doch bestimmt auch vor einer gewissen Zeit als Wurfpost erhalten hätte.
Der Senior erinnerte sich vage und ließ die wortgewandten Männer herein und händigte ihnen schließlich den fleckigen Esszimmerteppich aus. Wenige Tage später brachten die Unbekannten den gereinigten Teppich zurück inklusive einer Rechnung, ohne Rechnungs- und Finanzamtsnummer, mit handschriftlich hinzugefügter IBAN-Nummer – Reinigungskosten: 1140 Euro.
Um es vorweg zu nehmen: Es handelt sich natürlich um vollkommen überzogene Reinigungskosten. Die Scheinrabatte werden zum Teil auf Preise gegeben, die um das 10-16fache über dem üblichen Marktpreis liegen – also alles sind, nur kein Schnäppchen.
Seriös berechnete Reinigungskosten belaufen sich bei einem industriegefertigten Teppich auf ca. 20 Euro pro Quadratmeter inklusive Mehrwertsteuer. Im konkreten Fall wären so kalkuliert Kosten um die 80 Euro entstanden.
Zum Glück hatte der Rentner die geforderte Summe nicht im Haus und konnte nicht sofort zahlen, so dass die Männer den gereinigten Teppich wieder mitnahmen und einen neuen Übergabetermin vereinbarten.
Zu diesem erschienen die Täter dann mit einem fremden, minderwertigeren Teppich und versuchten den Rentner und seinen dieses Mal ebenfalls anwesenden Sohn hartnäckig zu überzeugen, es handle sich um den ursprünglich abgeholten Teppich.
Was die Täter im Haus nicht wussten: Der Sohn des Rentners hatte nach den Erzählungen seines Vaters über den „ersten Besuch“ die Polizei im Vorfeld bereits informiert und diese wartete eingriffsbereit vor der Tür.
Hinweis am Rande: Ebenfalls in Warteposition, auf der Straße im Auto konnten zwei weitere Mitarbeiter der Teppichwäscherei festgestellt werden.
Sie fragen sich jetzt vielleicht, wieso waren diese Männer ebenfalls vor Ort.
Mutmaßlicher Grund: Oftmals dient das angebotene Teppichgeschäft nur als „Eintrittskarte ins Haus oder in die Wohnung“, mit der die Täter bereits versuchen Geld zu machen. Bei dem „Besuch“ kundschaften die Täter ggf. auch die Lebensverhältnisse der Person, Vermögen und Haus oder Wohnung aus. Denn da, wo wertvolle Teppiche liegen oder wertvolle Pelze im Schrank hängen, sind eventuell auch hohe Bargeldbestände oder andere Wertsachen wie Schmuck vorhanden. Während eine oder zwei Personen versuchen, den Bewohner abzulenken und in ein Verhandlungsgespräch zu verwickeln, sehen sich weitere Begleiter im Haus oder der Wohnung um und stehlen.
Genau das passierte in Bad Godesberg Anfang 2021: In einer ersten telefonischen Kontaktaufnahme wurde dem Ehemann eines älteren Ehepaares (87 und 88 Jahre) als ehemaligen, guten Kunden eines Teppichhauses wegen Geschäftsaufgabe ein Teppich als Geschenk angeboten. Der Geschäftsinhaber sei erkrankt und wolle ins Herkunftsland zurückkehren. Man wolle sich für die bisherige Kundentreue mit einem Teppich bedanken, den man persönlich vorbeibringe. Eine konkrete Terminanfrage am selben Tag verneinte der Ehemann, da er zur konkret vorgeschlagenen Uhrzeit Erledigungen zu machen habe. Und genau diese Uhrzeit nutzen die Täter. Nachdem der Ehemann das Haus verlassen hatte, klingelte die Täter an der Haustür, die Ehefrau öffnete und ließ den angeblichen Mitarbeiter des Teppichhauses, in die Wohnung, der einen 90 cm x 60 cm großen Teppich zur Ansicht im Flur auslegte und während des Gespräches bat, die Toilette aufsuchen zu können. Zeitgleich klingelte es erneut und ein angeblicher Kollege des schon Anwesenden betrat die Wohnung, ging ins Wohnzimmer und beschäftigte die ältere Dame. Wenige Minuten später kam der vermeintliche Mitarbeiter des Teppichhauses aus Richtung des Badezimmers zurück und beide Männer verabschiedeten sich danach rasch. Den Teppich – übrigens ein sehr minderwertiges Exemplar – ließen sie zurück – er war ja ein Geschenk. Allerdings fehlte auch Goldschmuck im Wert von über 22.000 € aus dem Schlafzimmer, das direkt neben dem Badezimmer liegt. Die Schenkaktion diente der Ablenkung und Verschleierung des eigentlichen Anliegens, nämlich einen Trickdiebstahl zu begehen.

Fall 2:
In meinem zweiten Beispiel gelangten die Täter auf bisher ungeklärte Weise in den Besitz von echten Kundendaten eines regionalen Teppichhauses und riefen die Kunden zunächst an. In diesen Telefonaten gaben sich die Anrufer als Mitarbeiter eines Teppichhauses aus und vereinbaren einen Termin für einen Hausbesuch, um die Reinigung von Teppichen zu einem letztlich überzogenen Preis anzubieten. Anders als in Beispiel 1 wurde den Kunden nach Mitnahme des Teppichs zur Reinigung in weiteren Telefonaten suggeriert, dass sich das Exemplar nach der Reinigung als besonders wertvoll herausgestellt habe und es vermögende Kaufinteressenten dafür gebe. Für einen Verkauf fielen aber erhebliche Kosten für angebliche Echtheitszertifikate, Gutachter, Ausfuhrzölle oder Transportversicherungen für die Kunden an. Tatsächlich verkauft wurde der Teppich nicht.

Die beispielhaften Schilderungen – Sie ahnen es bereits – hätten anstatt mit Teppichen auch mit Pelzen oder Schmuck in vergleichbarer Weise stattfinden können.

Wer steckt hinter solchen Betrügereien?

Diese Betrügereien sind nicht neu, sie werden schon seit Jahren begangen.

Täter sind häufig Mitglieder krimineller Clans, die sich u.a. damit ihren Lebensunterhalt verdienen.

Die Täter: Häufig Mitglieder krimineller Clans – hoch professionelle, gemeinschaftlich handelnde, reisende Täter, die mit diesen Taten einen Teil ihres Lebensunterhalt verdienen und über regionale Grenzen hinaus tätig sind – auch in anderen Bundesländern.
Einzelne (Familien-)Mitglieder dieser Clans sind zurückliegend bereits mehrfach wegen Teppichbetrügereien und anderen Betrugsdelikten angeklagt worden.

Drum: Trau, schau, wem! Geben Sie diesen Tätern nicht die Möglichkeit, Sie über den Tisch zu ziehen!

Verhaltenstipps zu derartigen Haustürgeschäften:

  • Sehr wichtig: Lassen Sie sich nie auf eine Barzahlung ein!
  • Zahlen Sie nie im Voraus (Vorkasse), bevor Sie die Ware/die Leistung erhalten haben.
  • Typisch: Die Teppichbetrüger erscheinen oft noch am selben Tag des Anrufes. Sie stellen Ihnen astronomische Gewinne in Aussicht, die Sie beim Verkauf eines gereinigten und ggf. wiederhergestellten Teppichs oder Pelzes erzielen könnten.
  • Lassen Sie sich zu nichts überreden, von dem Sie sich im Vorfeld nicht nach den marktüblichen Preisen erkundigen konnten.
  • Kaufen oder unterschreiben Sie niemals etwas an der Haustür. Angebotene Gegenstände (z.B. Teppiche, Besteck, Schmuck) sind meist nur geringwertig oder gar wertlos.
  • Schauen Sie sich Besucher vor dem Öffnen der Tür durch den Türspion oder durch das Fenster genau an. Öffnen Sie die Tür nur bei vorgelegtem Sperrriegel.
  • Lassen Sie keine Fremden in Ihre Wohnung – z.B. unaufgefordert kommende „Vertreter“ oder „Verkäufer“. Bestellen Sie Unbekannte zu einem späteren Zeitpunkt wieder, wenn eine Vertrauensperson anwesend ist.
  • Wehren Sie sich energisch gegen zudringliche Besucher, sprechen Sie sie laut an oder rufen Sie um Hilfe.
  • Treffen Sie mit Nachbarn, die tagsüber zu Hause sind, die Vereinbarung, sich bei unbekannten Besuchern an der Wohnungstür gegenseitig Beistand zu leisten.

Marita Wichterich (Dipl.-Jur.)
Kriminalhauptkommissarin
Polizeipräsidium Bonn – Direktion K – KK KP/O
Königswinterer Straße 500, 53227 Bonn

Telefon +49 228-15-7617