Warnung vor Liebesschwindel
Eine kleine Geschichte zum „Romance-Scamming“
Hallo liebe Leser*innen, wir haben uns bereits an dieser Stelle kennengelernt.
Heute möchte ich Ihnen von einer Betrugsvariante berichten, die sich „Romance-Scamming“ nennt und leider seit Jahren erfolgreich funktioniert. Bei Frauen wie bei Männern. Seit geraumer Zeit ist sie bundesweit wieder „im Kommen“. Was man darunter versteht?
Romance-Scamming ist die moderne Form des Heiratsschwindels!
Der entscheidende Unterschied zum traditionellen Liebesschwindel ist: Die Opfer von heute, Männer wie Frauen, lernen im Gegensatz zu früher die Person nie wirklich in natura kennen. Und die ersten Kontakte werden in der Regel über die sozialen Medien im Internet geknüpft. Ich schildere Ihnen ein Beispiel. Die 64-jährige Magdalena H. aus Bonn-Kessenich, verwitwet und mit drei weit entfernt wohnenden erwachsenen Kindern, ist einsam. Gerade in Corona-Zeiten sind die Kontakte auch zu Bekannten sehr selten. Deswegen tummelt sie sich häufiger im Internet und ist in sozialen Medien unterwegs. Mitte letzten Jahres lernt sie auf einer solchen Social-Media-Plattform einen Mann kennen, der angibt, aus dem europäischen Ausland zu sein – angeblich fast gleichaltrig, ebenfalls verwitwet und kinderlos. Er weiß angeblich von Anfang an, wie sie sich fühlt.
Zunächst folgt ein regelmäßiger Austausch über das Internet, später über E-Mails und WhatsApp. Dieser Internetbekannte schickt ihr angeblich authentische Bilder von seinem Heimatort, von seinem Haus und auch von sich. Er gefällt ihr – nicht nur äußerlich, auch in seiner Zugewandtheit.
„Drum prüfe, wer sich ewig bindet, bevor das Haben auf dem Konto schwindet…“
Er hört ihr zu, ist mitfühlend und zeigt ihr: Sein Schicksal ist offensichtlich ähnlich, und auch er sehnt sich wohl nach einer neuen Partnerin. Frau H. verliebt sich in einen Mann, mit dem sie nur über E-Mails, WhatsApp und Telefon Kontakt hat, den sie noch nie gesehen hat. Die Verbindung zu ihm, das emotionale Band, wird immer intensiver. Magdalena H. glaubte nach vier Monaten, womöglich einen neuen Partner gefunden zu haben. Sie ist nicht mehr einsam, sie ist verliebt und glücklich.
Denn der Mann, dem sie nach anfänglicher Zurückhaltung und dem Willen, nichts zu übereilen, aufgrund seiner sanften, unaufdringlichen und einfühlsamen Art mit der Zeit dann doch alles von sich preis gegeben hat, ist nicht der, für den er sich ausgibt. Er, der sich bei ihr so herzlich und lebensbejahend gemeldet hat und der mit der Lebensgeschichte eines Dritten über Wochen und Monate ihr Vertrauen erschlich, ist tatsächlich ein professioneller Betrüger. Er ist ein Krimineller aus dem nichteuropäischen Ausland, erst Mitte dreißig, der sich die Angaben und Bilder eines unbescholtenen Menschen, die dieser selbst auf Facebook eingestellt hatte, zunutze macht und sich so eine Legende schuf.
Dieser Kontakt wird Frau H. einen guten Teil ihres Vermögens kosten.
Nach einigen Monaten berichtet der neue, liebgewonnene Bekannte Frau H. kurz von einer finanziellen Notsituation, mit der er sie aber nicht behelligen wolle. Er bittet sie zunächst nicht um Geld, schildert aber eindringlich seine Verzweiflung. Schließlich bietet sie ihm von sich aus an, ihm zu helfen. Sie überweist ihm den nötigen Betrag schon fast gegen seinen gespielten Widerwillen. Ein Kavalier alter Schule nimmt doch kein Geld von einer Frau, der schafft seine Probleme allein aus der Welt, hat er noch zu ihr gesagt. Und das hat ihr imponiert. In der Folge schildert der Betrüger Magdalena H. – im Vorgriff auf ein angeblich gemeinsames, buntes Leben – wiederkehrend erfundene Sachverhalte: geplante Flüge zu ihr, gesperrte Konten oder dringende ärztliche Behandlungen, deren Kosten er aus verschiedenen Gründen nicht fristgerecht begleichen kann.
Der vermeintlich großen Liebe folgt die Mittellosigkeit.
Hierzu kommuniziert Frau H. nicht nur mit dem Bekannten selbst, sondern auch mit angeblichen Mitarbeitenden von Banken und Fluggesellschaften. Für das in jedem Einzelfall überwiesene Geld schwört der Betrüger eine baldige Rückzahlung. Er gestaltet alles so glaubhaft, wie es eben geht. Und für Magdalena H. geht es darum, ihrem zukünftigen Partner zu helfen. Die Liebe macht sie auf einem Auge blind. Sie hängt sozusagen emotional am Fliegenfänger und kann nicht davon los. Ihren Kindern und Bekannten in Bonn hat sie von der neuen Bekanntschaft und den Geldzahlungen nichts erzählt. Erst als sie fast ihr gesamtes Vermögen diesem Mann zur Verfügung gestellt hat, vertraut sie sich einer guten Freundin an, und die ganze Geschichte fliegt auf.
Verhaltenstipps:
- Seien Sie skeptisch bei unaufgeforderten Zuschriften von Personen aus dem Internet. Es handelt sich dabei um Massensendungen an viele Personen.
- Hinterfragen Sie angeblich ähnliche Interessen einer Internetbekanntschaft. Vielleicht orientiert sich nur jemand an Ihrem Onlineprofil.
- Vorsicht, wenn Ihr Gegenüber Geld von Ihnen fordert. Überweisen Sie auf keinen Fall Geld, auch wenn ein tragischer Notfall behauptet wird. Lösen Sie auch keine Schecks ein oder leiten Briefe und Päckchen für die Person weiter.
- Lassen Sie sich nicht unter Druck setzen. Wenn Ihr Gegenüber etwas vehement
fordert oder emotionalen Druck ausübt, ist höchste Vorsicht geboten. - Wenden Sie sich rechtzeitig an eine Vertrauensperson. Ein Außenstehender kann Ihnen die Augen öffnen und eventuell Schaden von Ihnen abhalten.
- Decken Sie Ihre Webkamera ab, solange Sie Ihrem Gegenüber nicht vertrauen. Denken Sie daran, dass alles, was Sie vor dieser Webcam machen, vom Gegenüber aufgezeichnet werden kann.
- Übermitteln Sie keine Fotos oder Videos von sich selbst. Diese könnten dazu missbraucht werden, Sie zu erpressen.
- Scheuen Sie nicht die Anzeige bei der Polizei.
- Speichern Sie alle Mails und Chat-Texte als Beweise auf einem Speichermedium (z.B. externe Festplatte, USB-Stick oder CD-ROM) oder bei Ihrem bevorzugten Cloud-Dienst ab. Heben Sie Überweisungsbelege auf. Wenn Sie es nicht selbst können, dann lassen Sie sich von computererfahrenen Bekannten den sog. E-Mail-Header auslesen. An diesem erkennt man, woher die Mail geschickt wurde.
- Selbsthilfeseiten im Internet erklären Ihnen ebenfalls, wie Sie sich vor größerem Schaden schützen können.
- Brechen Sie jeglichen Kontakt ab. Antworten Sie nicht mehr auf Mails oder Anrufe des Scammers. Am besten legen Sie sich eine neue Mailadresse und Telefonnummer zu. Es besteht auch Gefahr für Freundinnen und Freunde im sozialen Netzwerk und für alle Kontakte im eigenen Mailadressbuch. Denn die Täterinnen und Täter schicken mit ihren Mails meistens auch einen Computervirus mit. Dieser scannt die Daten im Mailadressbuch und erlaubt auch sonst eine Kontrolle über den Rechner der Opfer.
Weitere Informationen:
Marita Wichterich (Dipl.-Jur. )
Kriminalhauptkommissarin
Polizeipräsidium Bonn
Direktion K – KK KP/O